Zwei Deutsche in Hurghada erstochen: Messer-Mörder jagte gezielt ausländische Frauen

Hurghada-Angreifer handelte Auftrag von ISIS

Blick ins Leere: Bei dem Mann soll es sich um den Attentäter von Hurghada handeln

Blick ins Leere: Bei dem Mann soll es sich um den Attentäter von Hurghada handeln

Foto: STR/EPA/REX/Shutterstock

Hurghada (Ägypten) – Urlauber liegen am Strand, genießen die Sonne, das blaue Meer. Plötzlich kommt ein Mann aus dem Wasser, er hat ein Messer und sticht auf die wehrlosen Menschen ein. Panik bricht aus. Zwei deutsche Frauen fallen dem Messer-Mörder in Hurghada zum Opfer, bevor er überwältigt werden kann. Offenbar hatte er es gezielt auf Ausländer abgesehen.

Und jetzt ist klar: Der Messer-Angreifer soll der Terrormiliz Islamischer Staat (ISIS) angehört haben. Er habe mit den Extremisten über das Internet in Kontakt gestanden und von ihnen den Auftrag erhalten, Ausländer anzugreifen, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Samstag aus Sicherheitskreisen in Kairo.

Der Täter nutzte eine Sicherheitslücke. Weil er befürchten musste, das er nicht von der Landseite aus in das Hotel eindringen konnte, stieg er ins Wasser und schwamm bis zum Hotelstrand der 4,5-Sterne-Anlage „Sunny Days El Palacio“.

Panik am Strand

Bei Temperaturen an die 40 Grad war er nur einer von vielen im Wasser. Doch als er den Strand betrat, wurde klar, dass der Schwimmer sich hier nicht entspannen wollte. „Dieser Typ ist rübergeschwommen und hat die zwei deutschen Frauen erstochen“, sagt ein Manager des Hotels Zahabia im Zentrum Hurghadas.

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An dem Hotelstrand spielten sich furchtbare Szenen ab. Wie irre stach der Mann auf die fliehenden Gäste ein. „Haut ab, ich will keine Ägypter“, soll der Mann gerufen haben. Er soll gezielt auf Ausländerinnen losgegangen sein.

Ein Mann in Badehose steht über dem offenbar bewusstlosen mutmaßlichen Messer-Mörder, der auf einen Gitterwagen verladen wurde

Ein Mann in Badehose steht über dem offenbar bewusstlosen mutmaßlichen Messer-Mörder, der auf einen Gitterwagen verladen wurde

Foto: STR/EPA/REX/Shutterstock

„Die Leute haben ihn gejagt“

Nach seiner Tat sei der Messerstecher dann geflohen, schildert der Hotelier weiter. „Die Leute haben ihn gejagt.“ Schließlich sei der Mann auf dem Grundstück des Nachbarhotels überwältigt worden. Die Polizei riegelte den Tatort ab.

Bei dem Täter soll es sich um einen 27 Jahre alten Studenten handeln. Der Ägypter habe bisher keine Vorstrafen gehabt, meldete die Zeitung „Al-Masry al-Youm“ am Samstag unter Berufung auf Sicherheitskreise. Demnach stammt der Mann aus dem Nil-Delta im Norden des Landes.

Vor dem Angriff im „Sunny Days El Palacio“ soll der Messerstecher bereits an einem benachbarten Hotelstrand Urlauber attackiert haben, bevor er zum Strand der Anlage weitergeschwommen sei.

Deutsche Opfer lebten in Hurghada

Für zwei Frauen aus Deutschland kam jede Hilfe zu spät. Laut einem Bekannten der getöteten Frauen handelt es sich bei ihnen NICHT um Urlauberinnen, sondern um dauerhafte Bewohnerinnen Hurghadas. Er habe die beiden persönlich gekannt, sagte der ehemalige deutsche Honorarkonsul Hurghadas. Eine weitere Bekannte von ihm habe die Frauen nach der Tat identifiziert.

Die Identität der Getöteten war längere Zeit unklar. Zunächst hatte es geheißen, dass es sich um Ukrainerinnen handelt.

Am Samstagmorgen bestätigte das Auswärtige Amt in Berlin den Tod der zwei Deutschen. „Wir haben nunmehr die traurige Gewissheit, dass zwei deutsche Frauen bei dem Angriff in Hurghada ums Leben gekommen sind“, sagte eine Ministeriumssprecherin. Nach allem, was bislang bekannt sei, sollte die Tat gezielt ausländische Touristen treffen.

Es handele sich um einen „besonders hinterhältigen und verbrecherischen Akt, der uns traurig, bestürzt und wütend zurücklässt“, sagte die Sprecherin weiter. Mitarbeiter der Deutschen Botschaft in Kairo seien vor Ort und stünden mit den ägyptischen Behörden in Kontakt.

Vier ausländische Urlauberinnen wurden verletzt, sie stammen wohl aus Tschechien und Armenien. Die Agentur Interfax berichtet mit Verweis auf das russische Konsulat von einer verletzten russischen Touristin.

Außenminister „sehr bestürzt“

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat den Messerangriff als „feiges Verbrechen“ verurteilt. Er sei darüber „sehr bestürzt“, verbreitete das Auswärtige Amt über Twitter. „Mein tiefes Beileid den Familien der Ermordeten“, hieß es weiter.

Ägypten-Experte geht von Terror aus

Die Hintergründe der Tat sind noch unklar. Ein Mitarbeiter des ägyptischen Innenministeriums: „Der Täter könnte verrückt oder verstört sein – es ist zu früh, um etwas dazu zu sagen.“

Zielauswahl und Vorgehensweise deuten allerdings auf einen dschihadistischen Anschlag hin. Die Vorgehensweise mit dem Messer ist eine der primitivsten Anschlags-Methoden, das Heranschwimmen von einem anderen Strandpunkt aus ein simples, aber effektives Mittel, um Sicherheitskontrollen an der Badestelle zu umgehen.

Teaser-Bild

Auch Peter-Jürgen Ely geht von einem Anschlag mit terroristischem Hintergrund aus. An eine Gewalttat aus persönlichen Motiven glaubt er nicht. „Warum sollte er die anderen Opfer dann ebenfalls mit dem Messer attackieren? Zudem deuten unterschiedliche Angaben darauf hin, dass der Mann an zwei verschiedenen Strandabschnitten auf Urlauber losging.“

Der ägyptische Staatliche Informationsdienst (SIS) betont in einer Stellungnahme, dass alles auf einen individuellen Angriff hindeute, bei dem der Attentäter nicht im Auftrag einer Organisation gehandelt habe. Dies soll dem naheliegenden Terrorverdacht entgegenwirken, denn Ägypten hat ein echtes Problem mit Extremisten: Seit Dezember wurden bei mehreren Selbstmordanschlägen und Angriffen auf die christliche Minderheit im Land mehr als 100 Menschen getötet. Das schwerste Attentat gegen Urlauber war ein Bombenanschlag auf einen russischen Ferienflieger im Herbst 2015. Alle 224 Menschen an Bord starben kurz nach dem Start im Badeort Scharm el Scheich.

ISIS bekannte sich zu Anschlägen

Die schweren Anschläge auf Urlauber beanspruchte stets ein Ableger der Terrormiliz Islamischer Staat (ISIS) für sich. Die Dschihadisten operieren im Norden der Sinai-Halbinsel - einem militärischen Sperrgebiet, in dem sich die ägyptische Armee immer wieder heftige Gefechte mit den Extremisten liefert. Erst vor wenigen Tagen starben bei einem Angriff mehr als 20 Soldaten.

Katastrophe für Hurghada

Für Hurghada, seine Hotels, Restaurants und Bars ist der Tod der Deutschen nicht nur eine menschliche Tragödie, sondern wohl auch eine wirtschaftliche Katastrophe. „Was immer da genau passiert ist, ist natürlich wieder ein herber Schlag gegen den sich gerade wieder erholenden Tourismus in Hurghada“, sagt Marcel Lauck, der mit der Caribbean Bar eine der auch unter Deutschen beliebtesten Gaststätten der Stadt am Roten Meer betreibt.

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